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Glühbirne
Bundesverband Mobile Beratung

Übersicht | 08/2022

30 Jahre nach Rostock-Lichtenhagen: Zivilgesellschaftliche Initiativen gegen Rassismus heute

Vor 30 Jahren, im August 1992, kam es zu rassistischen Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen: Unter dem Applaus tausender Schaulustiger belagerten Neonazis und Anwohner*innen das sogenannte Sonnenblumenhaus, in dem neben Geflüchteten auch vietnamesische Vertragsarbeiter*innen untergebracht waren. Die Angreifer*innen bewarfen das Gebäude mit Steinen und Brandsätzen, am 24. August drangen sie in das Haus ein und legten Feuer. Nur durch Zufall konnten sich die Bewohner*innen in ein Nachbarhaus retten.

Das Pogrom zählt zu den schwersten rassistischen Übergriffen der deutschen Nachkriegsgeschichte und hatte Verschärfungen in der Migrationspolitik zur Folge. Denn statt rechter Gewalt entgegenzuwirken und Betroffene zu schützen, beschloss der Bundestag 1993 den sogenannten „Asylkompromiss“ – eine weitgehende Einschränkung des Asylrechts. Die Zivilgesellschaft hatte mit Gegenprotesten versucht, die Novelle zu verhindern, allerdings ohne Erfolg.

Heute gibt es in Rostock eine Vielzahl zivilgesellschaftlicher Initiativen und Vereine, die sich für Migrant*innen und gegen Rassismus engagieren. Viele von ihnen sind an den Gedenkveranstaltungen zum 30. Jahrestag des Pogroms beteiligt. Nachfolgend stellen wir einige dieser Initiativen vor.

Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Bei Hinweisen auf weitere Initiativen schreiben Sie uns gern eine E-Mail an kontakt@bundesverband-mobile-beratung.de. Vielen Dank.

Bunt statt braun
Im Verein „Bunt statt braun“ engagieren sich rund 300 Mitglieder gegen Rassismus und Rechtsextremismus. Unter ihnen sind Einzelpersonen sowie Vertreter*innen von Parteien, Unternehmen, Gewerkschaften, Migrant*innenselbstorganisationen u.v.m.. Zum 30. Gedenken an das Pogrom hat der Verein unter anderem einen Plakatwettbewerb gestartet. Die Gewinner-Plakate sollen Ende August in ganz Rostock aushängen.
Diên Hông – Gemeinsam unter einem Dach
Wenige Wochen nach den rassistischen Ausschreitungen 1992 gründeten Vietnames*innen in Rostock den Verein „Diên Hông – Gemeinsam unter einem Dach“. Ihr Ziel war es unter anderem, den Austausch zwischen Migrant*innen und Nicht-Migrant*innen zu fördern sowie für ein Bleiberecht der Vertragsarbeiter*innen zu kämpfen. Bis heute setzt sich der Verein für Vielfalt und Teilhabe ein. Zum Angebot gehören Integrationskurse, Workshops zum Ankommen in Deutschland sowie ein Netzwerk an Sprachmittler*innen, die Migrant*innen u.a. bei Behördengängen unterstützen.
Initiative Dragomir Christinel
Im März 1992 griffen Jugendliche eine Geflüchteten-Unterkunft in Saal bei Rostock an und verletzten einen 18-jährigen Mann aus Rumänien so schwer, dass er noch am Tatort starb. Über das Leben des Opfers, Dragomir Christinel, ist wenig bekannt. Die „Initiative Dragomir Christinel“ will seine Geschichte rekonstruieren und einen Gedenkort schaffen, der an den rassistischen Mord erinnert. Weitere Infos
Initiative „Mord verjährt nicht“
Am 25. Februar 2004 wurde Mehmet Turgut in einem Rostocker Imbiss vom rechtsextremen Terrornetzwerk „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) erschossen. Turgut war das fünfte Mordopfer des NSU. Seit 2012 organisiert die Initiative „Mord verjährt nicht“ gemeinsam mit anderen Organisationen jährlich eine Gedenkveranstaltung am Tatort. Weitere Infos
Jugend spricht“
Jugend spricht“ ist eine Initiative junger Geflüchteter in Mecklenburg-Vorpommern, die sich für die Rechte von Schutzsuchenden einsetzt. Die Engagierten helfen bei Behördengängen, organisieren Freizeitaktivitäten für Kinder und Jugendliche und bieten Workshops zum Asyl- und Arbeitsrecht an.
Klappe auf!
Das Projekt „Klappe auf!“ will Jugendliche und Pädagog*innen für das Thema Rassismus sensibilisieren – mit Workshops, Empowerment-Trainings und Filmen, die die Perspektiven von Betroffenen in den Mittelpunkt stellen. Projektträger ist die RAA Mecklenburg-Vorpommern, bei der auch die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus / Regionalzentrum für demokratische Kultur Westmecklenburg angesiedelt ist.
Libera M-V
Vor allem zugewanderte Frauen und Mädchen geraten häufig aus dem Blick politischer und öffentlicher Debatten. Der Verein „Libera M-V“ möchte das ändern und setzt sich für die Interessen und Bedarfe von Migrantinnen in Mecklenburg-Vorpommern ein. Dazu bietet er Beratung an und organisiert eine Vielzahl an Projekten, zuletzt zum Empowerment von muslimischen Frauen.
LOBBI
LOBBI“ ist die Beratungsstelle für Betroffene, Angehörige und Zeug*innen von rassistischen, antisemitischen und anderen rechtsmotivierten Angriffen in Mecklenburg-Vorpommern. Die Kolleg*innen unterstützen bei rechtlichen, finanziellen und psychischen Fragen und sensibilisieren die Öffentlichkeit für die Perspektiven der Betroffenen.
Migranet MV
Über 60 Vereine organisieren sich im „Migranet MV“, dem Netzwerk der Migrant*innenorganisationen in Mecklenburg-Vorpommern. Das Bündnis setzt sich u.a. dafür ein, dass Migrant*innen in politischen Debatten mehr Gehör finden, und bietet Workshops an, um migrantische Vereine in Sachen Projektmanagement zu schulen.
Pro Bleiberecht MV
Die Rechte von Asylsuchenden stärken, ihre Perspektiven im öffentlichen Diskurs sichtbar machen: Das sind die Ziele von „Pro Bleiberecht MV“, einem Verein, der 2017 von Engagierten aus ganz Mecklenburg-Vorpommern ins Leben gerufen wurde. Er organisiert u.a. Kundgebungen sowie Info- und Gedenkveranstaltungen rund um das Thema Flucht und Asyl.
Rock gegen Rechts Mecklenburg-Vorpommern
Auf Initiative von Stralsunder Schüler*innen gegründet, setzt sich der Verein „Rock gegen Rechts Mecklenburg-Vorpommern“ seit 2005 mit einer Vielzahl von Veranstaltungen gegen Rechtsextremismus und Demokratiefeindlichkeit ein. Dazu gehören Konzerte, Ausstellungen, Workshops, Schulveranstaltungen, Sportturniere, Vorträge, Film- und Diskussionsveranstaltungen sowie Theateraufführungen. Zuletzt organisierte der Verein im Juli 2022 zusammen mit anderen Initiativen das Festival „Rhythmus gegen Rassismus“ in Güstrow.
Rostock hilft
2015 schlossen sich Engagierte zur Initiative „Rostock hilft“ zusammen, um Geflüchtete und Migrant*innen zu unterstützen. Seit 2017 betreibt die Initiative das sogenannte Newcomer Café – ein Begegnungs-Café, in dem sich Geflüchtete für Freizeitaktivitäten treffen, austauschen und Beratung in Anspruch nehmen können.
Rostock nazifrei
Ein Zeichen setzen gegen rechtsextreme Umtriebe in Rostock und Umgebung – dazu haben sich Vereine, Organisationen, Parteien und Einzelpersonen im Bündnis „Rostock nazifrei“ zusammengetan. Sie organisieren u.a. Demonstrationen und Kundgebungen gegen Rechts.
Gedenken an das Pogrom. Lichtenhagen 1992.
Anlässlich des 30. Jahrestags des Pogroms haben die oben genannten Vereine und Initiativen sowie weitere Akteur*innen das Bündnis „Gedenken an das Pogrom. Lichtenhagen 1992“ gegründet. Das Bündnis organisiert eine Reihe von Veranstaltungen, darunter eine bundesweite Demonstration am 27. August. Zudem haben die Beteiligten ein Positionspapier zum verantwortungsvollen Gedenken veröffentlicht. Darin fordern sie unter anderem, die Perspektiven der Betroffenen sichtbar zu machen, die Forschung und Bildungsarbeit zum Pogrom langfristig abzusichern sowie die Zivilgesellschaft bei der städtischen Planung des Gedenkens stärker einzubeziehen – von Anfang an und auf Augenhöhe.

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